Nach viel zu langer Zeit melde ich mich jetzt wieder mit
einem Eintrag über die letzte Woche zurück. In dieser Woche waren meine
Gastschwester und ich mit einer Gruppe von AFS-Freiwilligen und Schülern am
Amazonas. Die Ereignisse dieser ereignisreiche Woche möchte euch hier erzählen.
Tag 1:
Obwohl die Tour offiziell erst einen Tag später anfing
hatten wir (meine Gastschwester und ich uns dazu entschieden einen Tag früher
zu fliegen, weil die Flüge an diesem Tag erheblich billiger waren. Wir machten
uns also am Sonntagmorgen um 8 Uhr von Sogamoso mit dem Bus nach Bogotá auf,
mussten zum Check-in rennen, weil uns nur noch wenig Zeit blieb. Im letzten
Moment fanden wir heraus, dass die Weinflasche, die wir für einen entfernten
Verwandten in Leticia mitgenommen hatten, damit er uns in seinem Haus schlafen
ließe, in meinem Rucksack Leck geschlagen hatte. Somit mussten wir diese leider
in den 5 Minuten vor der Passage der Sicherheitskontrollen vernichten…
Leticia ist die mit um die 30.000 Einwohnern die größte
Stadt am kolumbianischen Amazonas und grenzt direkt an Brasilien, wo sie direkt
Tabetinga anschließt. Leticia kann nur über den Flughafen oder über den
Amazonas erreicht werde, was Autos dort nur bedingt nützlich macht. Deshalb
sieht man dort fast nur kleine Motorroller. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite
des Amazonas liegt Peru, das wir auch besuchen sollten. Wir haben es dabei also
mit einem Dreiländereck zu tun.
Nachdem wir uns im Flugzeug schon mit einigen andern von
unserer Gruppe getroffen hatten, die auch einen Tag früher flogen und nachdem
wir nach 2 h Flug in Leticia angekommen waren, nahm uns am Flughafen unserer
entfernter Verwandter in Empfang, ein Zahnarzt, der schon seit 30 Jahren in
Leticia lebt. Er führ mit uns nach Brasilien und lieferte uns dann bei einem Hotel ab, seiner Meinung nach eine großartige
Möglichkeit die Nacht zu verbringen. Weil keiner von uns beiden so dreist war
sich einfach selbst bei ihm einzuladen gingen wir letztendlich in das Hotel,
das für den Preis echt anständig war. Abends trafen wir uns noch mit den
anderen von unserer Gruppe zum Abendessen und tauschten danach noch die
Erfahrungen aus, die wir bis jetzt in unseren Projekten und Gastfamilien
gesammelt hatten. Dabei war meiner Meinung nach spürbar, dass im Moment
tendenziell eher die Zeit ist, in der sich bei den Meisten eine kleine
Depression in ihrer Stimmungskurve einstellt.
Tag 2:
Wenig neues passierte am zweiten Tag, außer, dass wir in ein
anderes Hotel umquartiert wurden, das im Reisepreis inbegriffen war, die
Restlichen Teilhemer kamen und wir von unseren Reiseführern im Bus noch einmal
nach Brasilien gekarrt wurden.
Tag 3:
Eine unserer Lanchas mit der wir uns auf dem Amazonas fortbewegten |
Tanzen bei den Tikunas |
Malen mit Tikunakindern |
Am selben Tag gingen wir außerdem noch in einem See, der nur
durch einen engen Seitenarm mit dem Amazonas verbunden ist schwimmen. Nachdem
wir alle nach Geschichten von Zitteraalen, und Piranhas, bei extrem trüben
Wasser anfangs ziemlich Bammel hatten sind letztendlich doch noch alle
reingesprungen. Das war bei Sonnenuntergang, und da das Wasser angenehme 25°
hatten und man sich mit Schwimmweste auch einfache treiben lassen konnte waren
ich dabei einfach selig. Das Gefühl im Amazonas zu schwimmen ist eben schon
etwas ganz besonderes.
Über Nacht schliefen wir dann in runden, mit getrockneten
Blättern gedeckten Bungalows, ein Stückchen flussaufwärts von Puerto Nariño.
Tag 3:
Am dritten Tag wurden wir, nachdem es morgens erst mal einen
heftigen Wolkenbruch gegeben hatte zu einem Zentrum für Bildung über den
Amazonas gebracht. Dort guckten wir uns erst mal einen Film über die Delfine
an, die übrigens in der Mythologie der Tikuna, mit einer Anakonda als
Lendenschurz, einem Stachelrochen als Hut und einer Schnecke als Uhr an Land
kommen können. Außerdem erzählte uns
einer der Mitarbeiter dieses Zentrums, in einer Art Planetarium einige Geschichten
weiter Geschichten der Tikuna, unter anderem deren Schöpfungsmythos. Des Weiteren
wurden wir über so ziemlich jeden bedeutsameren Fisch im Amazonas aufgeklärt,
wobei sich herausstellte, dass Piranhas eigentlich gar nicht so gefährlich sind.
Die sind nämlich hauptsächlich Aasfresser, was sich uns auch zeigte, als unser
Guide später einen toten, an Karies gestorbenen Delfin aus dem Wasser zog, bei
dem Piranhas schon eine Gesichtshälfte weggefressen hatten. Lediglich wenn sie
Blut im Wasser wahrnehmen oder extrem Hungrig sind fallen sie andere Tiere
(auch Artgenossen) oder auch Menschen an.
Am selben Tag stand für und auch eine weiter „Comunidad
indigena“ auf dem Programm, in der wir wieder tanzten, ein bisschen mit Lehm auf
dem Fluss töpfern durften, mit den Kindern Armbändchen flochten und dann zu
Ständen mit Artesanias gekarrt wurden.
Tag 4:
Nach einer weiteren „Communidad indigena“ mit mehr oder
weniger dem gleiche Programm wurden wir zum ersten Mal auf die Peruanische
Seite gebracht. Von dort wanderten wir auch zum ersten Mal durch den Urwald zu
einer stattlichen Herberge, die idyllisch an einem von Amazonas abgeschnittenen
See liegt. Den Regenwald von nah, genauer gesagt von inne zu sehen war für mich
eine ganz besondere Erfahrung, weil es eines von diesen Dingen war, von denen
man immer hört, die man aber selten sieht, riecht und hört; sprich erfährt. Und
es war wirklich spektakulär: Bäume verschiedenster Arten mit einem extrem sich
überlappenden Kronen, Brettwurzeln mit deren Hilfe man über Kilometer hinweg
kommunizieren kann, Lianen überall, riesige Tausendfüßler und Ameisen, die mehr
als doppelt so groß sind wie die in Deutschland.
Bei dieser Herberge angekommen standen und eine Reihe von
Aktivitäten offen, die wir der nach Belieben machen konnten: Kajak auf dem See
fahren, durch weiter durch den Urwald wandern, auf eine Plattform in einem der
höchsten Baume weit und breit steigen, Angeln oder Totenkopfäffchen besuchen.
Am beeindrucktesten davon fand ich den Aufstiegt auf den Baum. Dabei musste man
mit Kletterausrüstung 35 m auf einen Baum steigen. Von der Plattform in der
Krone konnte manim Sonnenlicht des Spätnachmittags über den umliegenden
Regenwald und den See gucken. So wurde Minecraft Realität :D
Ausblick über den See |
35 m in die Baumkrone |
Die Plattform im Baum á la Minecraft |
Ein ganz besonderes Highlight war auch die Nachtwanderung am
selben Tag bei der wir nicht nur die extreme Geräuschkulisse des Regenwaldes
hören konnten sondern außerdem die Geschichten unseres Führers über der
Waldgeist „Curupira“, der die Gestalt von jedem Wesen annehmen kann, wobei man
ihn daran erkennt, dass einer seiner Füße normal nach vorne steht, der andere
jedoch nach hinten. Er beschützt nicht nur den Wald vor denen die ihm Böses
wollen sondern, hilft auch jenen, die ihn achten. Diese“ Geschichte“ ist nicht
nur für die Tikunas sondern auch für unsere Guides und die allermeisten Leute
in dieser Region des Amazonas so real wie Moskitos, die dort permanent stechen.
Die anschließende, langsame Fahrt im Kanu über den See bei pechschwarzem
Regenwald, einem sternenklaren Himmel mit mehr Sternen, als ich jemals zuvor gesehen
hatte, die sich in der Spiegelglatten Wasseroberfläche spiegeln, bei ehrfürchtiger
Stille war der perfekte Abschluss unserer Tour.
Die nächsten paar Tage war für uns dann der Nachhauseweg
angesagt; zuerst im Motorboot, dann im Taxi, dann im Flugzeug, dann im Auto und
dann wieder im Taxi. Außerdem sind meine schwäbischen Instinkte durchgekommen,
als ich die Preise für Hochprozentiges in Brasilien gesehen hab… :D Danke an
alle, die so interessiert sind, dass sie sich durch diese drei Seiten in
Schriftgröße 11 in „Word“ durchgekämpft haben. Demnächst werde ich einige
weniger lange, kurzweiligere und andersartige Berichte veröffentlichen.
Bis Bald