Sonntag, 10. März 2013

Exkurs: kolumbianische Küche


Dieser weitere Exkurs wird sich um kolumbianische Küche drehen. Gänzlich verschieden von der Deutschen hat sie einiges zu bieten, das dem mitteleuropäischen Gaumen eher gewöhnungsbedürftig erscheint. Da Kolumbien ein riesiges und kulturell sehr diverses Land ist gibt es natürlich auch einige regionale Unterschiede (z. B. Meerschweinchen im Süden) was das Essen angeht. Ich werde also probieren mich eher auf das zu beschränken, was relativ im ganzen Land vertreten ist.

Arroz con Pollo (Reis mit Hühnchen). Dieses genauso einfache wie billige Gericht würde ich als das kolumbianische Essen schlecht hin bezeichnen. Auch wenn man in Europa Reis eher mit Asien in Verbindung bringt ist es hier das Grundnahrungsmittel Nummer eins (neben Papa (Kartoffeln) und Mais).

Rellena (Kuhdarm, gefüllt mit einer Paste aus Kuheingeweiden und Reis). Wird gerne als mit Fleisch oder auch als kleine Zwischenmahlzeit serviert und mit den Händen gegessen.

Empanada (Teigtaschen, gefüllt mit Reis und Eiern und/oder Fleisch). Wird ebenso wie die Rellena als kleine Zwischenmahlzeit, gerne auch als Once (Vormittagssnack) gegessen. Diese beiden isst mal mit einer scharfen Soße aus Chili, Dill und Zwiebeln, genannt Ahi, die mal in jedem Restaurant in einem kleinen Töpfchen auf dem Tisch findet.

Diverse Suppen wie z. B. Mondongo. Werden als Vorspeise zu eigentlich allen Gerichten serviert. Enthalten auch gerne mal etwas merkwürdige Zutaten, wie Hühnerfüße oder kleingehacktes Kuheuter oder –dickdarm.

Asado (Fleisch vom Grill). Als Familienevent am Samstag fährt man gerne zu sogenannten Asaderos außerhalb der Stadt. Dort brennt schon den ganzen Tag ein riesiges Feuer und auf langen Metallspießen, die im Kreis um das Feuer angeordnet sind, brutzeln Schweine- und Rinderteile. Auf Nachfrage werden einem dann einige Stücke abgeschnitten.

Platano (Kochbanane). Mein Favorit der kolumbianischen Küche. Eine große Banane, die nicht roh gegessen werden kann, sondern gekocht oder frittiert werden muss. Ein bis zwei Scheiben werden gerne zu praktisch allen Gerichten als Beilage gereicht.

Früchte. In Kolumbien gibt es extrem viele Früchte. Ich habe hier mehr Früchte kennen gelernt, als ich vorher in Deutschland kannte. Darunter Guanabana, Guayaba, Zapote, Anón Platano, Granadilla, Lulo, Feijoa, Mangostino… Dabei kann man objektiv sagen, dass alle Früchte hier saftiger und aromatischer, schlicht besser sind als in Deutschland mit lediglich zwei Ausnahmen: Äpfel und Erdbeeren. Äpfel nämlich, so hab ich mir sagen lassen, brauchen Jahreszeiten um zu wachsen um sich im Winter erholen zu können. In Ermangelung dessen wachsen hier zwar die Bäume, tragen aber keine Früchte. Die Äpfel die man hier kaufen kann sind also alle aus Chile importiert und nicht besonders lecker. Aus allen diesen Früchten macht man oft und gerne nach einer ganz simplen Methode Saft: in den Mixer damit, einmal durch ein Sieb und fertig.  Wegen dieser enormen Vielfalt an Früchten kann man wohl mindestens drei Wochen durch Kolumbien reisen ohne zwei Tage den gleichen Saft probiert zu haben. Auch mit einem deutschen Vorurteil muss ich an dieser Stelle aufräumen, nämlich, das „natürlich“, sprich ohne Zucker, immer besser schmeckt. Einige Säfte schmecken ohne eine gehörige Portion Zucker nämlich ziemlich bitter und langweilig, darunter Maracuja und Lulo. Für mich als Wassermelonenfan ist es auch super hier im Produktionsland zu leben, wo ich mir gerne eine große von ca. 15 kg für 8.000 Pesos (ca. 3,50 €) kaufe.
Kolumbianische Früchte - (r.o.) Lulo, (r.u.) Mangostino, (m.o.) Curuba, (m.u.) Granadilla, (l.o.) Carambola, (l.m.) Mamoncillo, (l.u.) Uchuva

 

Allgemein kann man zu kolumbianischem Essen bemerken, dass erstens jedes typische Gericht aus mindestens zwei Portionen Kohlenhydraten besteht (z. B. Reis und Kartoffel, Yuca und Reis, Mais und Kartoffel) und zweitens mindesten eine Portion Fleisch dabei hat. Das kann ein simples Rindersteak (oder auch Zunge)sein, ganz klassisch ein Stückchen Hühnchen oder hier bei uns in Boyaca eine Forelle aus dem Lago de Tota (ein See in der Nähe). Zudem essen Kolumbianer generell relativ viel. In Restaurants sind die Portionen generell ziemlich groß und bestehen aus mehreren Gängen. Einige Mitfreiwilligen hier klagen auch, dass sie von ihren Familien regelrecht gemästet werden. Die meinige tanzt da allerdings ein bisschen aus der Reihe.

Ein weiterer großer Unterschied zu Deutschland ist wohl, dass in Kolumbien praktisch alles mit allem mischbar ist. So schmeißt man sich gerne Käsestückchen in den heißen Kakao, isst Käse mit einer süßen Fruchtcreme oder Früchte als Apparativ vor dem Hauptgang .


Mich überkommen die einzigen wirklichen Stiche Heimwehs, wenn ich an Deutsches Essen denke. Beispielsweise sind meiner Meinung nach deutscher Käse (Berg-, Hütten-, Ziegen- oder Schafskäse) dem kolumbianischen Einheitskäse eindeutig überlegen. Dasselbe trifft auch auf Wurst, Bier und selbstverständlich Brot zu. Weder die Vielfalt noch die Qualität dieser Produkte wird von ihren kolumbianischen Counterparts auch nur annähernd erreicht. Die Kilos an billiger und leckerer Wassermelone, die ich täglich zu mir nehme können mich darüber nur bedingt hinweg trösten…

Dieses Wochenende jedoch habe ich meiner Familie und mir eine ganz besondere Spezialität gegönnt. Nämlich habe ich mit den Spätzle aus meinem Weihnachtspaket, Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen gemacht. Den im Rezept vorgesehenen Schinkenspeck konnte ich jedoch leider in keinem der fünf Supermärkte in Sogamoso auftreiben. Die Saitenwürstchen musste ich ebenfalls  durch die kolumbianische Salchicha ersetzen, aber ich glaube das Resultat konnte sich trotzdem sehen lassen. Trotz diesem Urschwäbischen Gericht wollte meine Familie nicht auf Papaya als Vorspeise und Lulosaft verzichten. So wurde es mehr oder weniger ein Hybrid aus deutscher und kolumbianischer Kochkunst und hat als Vereinigung von dem Besten von beiden sehr lecker geschmeckt.

 
Spätzle mit Linse und Saitenwürschtle, Salat, Papaya und Lulosaft

Bis bald also mit neuen Eindrücken und Erlebnissen aus diesem fernen und exotischen Land wo die Kolumbianer hausen. :D

Samstag, 23. Februar 2013

Exkurs: kolumbianische Mentalität

Nachdem ich jetzt vom Midstay Camp von AFS zurückgekommen bin, einem Camp, das alle Freiwilligen im Ausland mitmachen müssen, und in letzter Zeit sonst keine spektakulären Ereinisse passiert sind werde ich jetzt den ersten Exkurs in ein Feld der kolumbianischen Kultur schreiben. Das hatte ich mir schon seit langem vorgenommen und bitte sehr: hier kommt der Erste.
Ich werde mich hier auf einige Punkte der kolumbianischen Mentalität konzentrieren, die sich von der Deutschen unterscheiden, doch zwei Sachen vorweg:
Diese Liste besteht lediglich aus meinen Erfahrungen und denen von anderen Deutschen mit denen ich mich ausgetauscht habe. Somit beanspruche ich NICHT, dass diese Liste der Weisheit letzter Schluss oder vollständig ist. Ich kann mich irren und habe Kolumbien schließlich erst ein halbes Jahr erlebt!
Außerdem ist es logisch, dass wenn ich über allgemeine Tendenzen der kolumbianischen Mentalität schreibe ist das nur einen Tendenz und nicht mehr. Das heißt, dass es viele Kolumbianer gibt, die nicht so sind, die ich sehr häufig treffe; nur eben nicht so häufig wie diejenigen, die die Tendenz bestätigen.

1.       Kolumbianer denken in der Regel mehr über die Gegenwart, wohingegen Deutschen sich mehr Gedanken über die Zukunft machen. Das führt einerseits dazu, dass der Kolumbianer unbeschwerter die Gegenwart genießen kann, Aktivitäten eher spontan festgelegt werden und Kolumbianer wohl eine größere „Grundzufriedenheit“ haben als Deutsche. Deutsche würden so eine Haltung, in einem ersten Reflex, wohl als Ignoranz gegenüber der Zukunft beschreiben, die früher oder später zum Scheitern verurteilt sei: „Wie kann ich denn wissen, ob es mir immer so gut gehen wird? Schließlich baut der kluge Mann vor und der frühe Vogel fängt den Wurm.“. Der Kolumbianer hingegen würde dagegenhalten: „Warum soll ich mir jetzt Sorgen machen über eventuelle Probleme in der Zukunft, wenn ich sie vielleicht eh nicht beeinflussen kann. Besser ist es doch sich über das zu freuen was man hat.“
Somit ist es für mich nicht verwunderlich, dass nach einer repräsentativen,  aktuellen „Gallup“-Umfrage von Dez. 2012, in der in 143 Ländern nach positiven Emotionen und Wohlbefinden gefragt wurde, Kolumbien auf Platz 12 landet, Deutschland hingegen nur auf Platz 50. Dabei muss man bedenken, dass in großen Teilen Kolumbiens seit 49 Jahren Krieg herrscht und ein Drittel der Bevölkerung in Armut lebt und Deutschland der Fels in der Brandung der europäischen Schulden- und Wirtschaftskriese ist.
Eng mit damit verbunden ist, meiner Meinung nach, die deutsche Tendenz aus Unzufriedenheit mit dem was man hat immer nach mehr zu streben; mehr Wohlstand, mehr Wissen, mehr Fortschritt. Wer Goethes Faust gelesen hat wird wissen von was ich rede. Dieses Denken ist den meisten Kolumbianern gänzlich fremd. Somit ist der Handel der kolumbianischen Mentalität ungefähr: mehr Zufriedenheit und Entspanntheit und weniger Fortschritt und Effektivität. Der Deutsche wäre gewissermaßen das Gegenteil.

2.       Eine Sache, die einem Deutschen sofort auffällt ist die Herzlichkeit der Leute. Fremden wird hier in der Regel keinesfalls mit skeptischer Unsicherheit begegnet, wie das in Deutschland vielleicht der Fall wäre, sondern eher mit neugierigem Interesse. So ist es praktisch überall super einfach mit Leuten ins Gespräch zu kommen und anders als z. B. in Amerika ist der Spruch  „Mi casa es tu casa“ („Mein Haus ist dein Haus.“) wirklich wörtlich zu nehmen. Leider beschränkt sich diese Zuneigung leider allzu häufig lediglich auf Menschen im unmittelbaren Umfeld des Kolumbianers, sprich Freunde, Familie und Bekannte. Dass sich wie in Deutschland Millionen für eine Katstrophe auf einem anderen Erdteil, wie für den Tsumani 2004 im Indischen Ozean, sammeln ließen halte ich eher für unwahrscheinlich.

3.       Stichwort Familie! Die Familie ist für den typischen Kolumbianer das ein und alles. Hier spielt sich ein großer Teil des Soziallebens ab und es ist für junge Leute absolut nicht ungewöhnlich bis zu ihrem 30sten Lebensjahr bei Mama und Papa zu leben. So ist es nicht verwunderlich, das dir ein echter Kolumbianer sehr wahrscheinlich an die Gurgel springt wenn du seine Mutter beleidigst. Selbst meine beiden Gasteltern, beide gestandene Richter, fahren jedes Wochenende zu ihren Eltern um mit ihnen im Schnitt um die 4 Stunden zu reden. Dort sind sie nicht allein, sondern es versammelt sich ein großer Teil der Familie, der es eben einrichten konnte zu kommen. Ein weiterer Nebeneffekte dieser Fokussierung auf die Familie sind, einerseits der ausgeprägte Nepotismus in kolumbianischen Institutionen und Firmen sowie die für deutsche Maßstäbe extreme Beschützung vieler Töchter durch ihren Papa.

4.       Eine anderer wichtiger Punkt ist, dass Kolumbianer ihre Emotionen viel eher nach außen tragen, so mein Eindruck. Eine schöne Geschichte dazu: Als einmal das kolumbianische Nationalteam in der WM-Qualifikation gespielt hatte, war ich mit einem Freund auf einem Hügel, von dem man die ganze Stadt überblicken kann, um den Hund auszuführen. Wir waren am Reden als plötzlich die ganze Stadt wie aus einer Kehle „GOOOOOOL!!!“ schrie. Offensichtlich hatte Kolumbien ein Tor geschossen J.Allerdings äußert sich diese Emotionalität auch im Negativen, wenn einem nachts in einer Bar von einer Schlägerei am Nachbartisch plötzlich die Bierflaschen um die Ohren fliegen… Dieser kultureller Unterschied ist für mich, als nicht sehr emotionale Person, wohl einer der schwierigsten, aber ich versuche mein Bestes. Außerdem ist anzumerken, dass diese Emotionen und Irrationalität nicht von vorneherein schlecht sind. Es kommt, meiner Meinung nach, eben auf die Situation an: Wer anfängt über Evolution, Politik oder Wirtschaft zu fühlen hat genauso verloren wir der, der mit logischen Gründen einer Frau seine Liebe erklärt.

5.       Eine vielleicht weniger tief gehende Sache, die einem schnell auffällt sind Vorurteile, die in der kolumbianischen Gesellschaft noch viel mehr verankert sind als in der deutschen. Trotz der krassen kuturellen Diversität hört man überall abfällige Kommentare über „negritos“ („Negerlein“), „indios“ (abfällige Bezeichnung für Indigene) oder „maricas/mariposas“ („Schwuchteln“). So sieht man sogar im Fernsehen „Komiker“ die sich schwarz anmalen und dann in ihrer Show immer diejenigen sind die dümmliche und naive Kommentare abgeben. Eng verbunden mit der ausgeprägten Homophobie ist auch das Bild vom „richtigen“ Mann. Dieser hat am besten in jeder Stadt in der Gegend eine Freundin, gibt sich keine Blöße und verteidigt seine Ehre kämpfend.

6.       Je nach Quelle sind 82% - 90% der Kolumbianer katholisch. Weit nicht alle gehen jeden Sonntag in die Kirche, aber nichtsdestotrotz hat die Kirche im Gegensatz zu Deutschland noch einen erheblichen Einfluss in der Tagespolitik und in der Gesellschaft insgesamt. Das kommt z. B. dann zum Ausdruck, wenn am Aschermittwoch sich fast die ganze Stadt, von der Verkäuferin und Lehrerin bis zum Polizisten und Bettler, ihr Aschekreuz auf die Stirn malen lässt. Allerdings leben wohl die wenigsten Leute nach den Vorgaben der Kirche und haben somit eine gewisse Doppelmoral.

      Diese sechs Punkte sind für mich bis jetzt so die wichtigsten um die kolumbianische Mentalität grob zum umreißen. Allerdings muss gesagt werden, dass insbesondere Punkte wie Vorurteile oder die Religiosität stark von Region zu Region und zwischen den sozialen Schichten variieren und man somit nur schwer von „einer“ kolumbianischen Mentalität sprechen kann.
      In nächster Zeit werde ich einige solcher Exkurse schreiben, allerdings wahrscheinlich zu weniger komplizierten und weniger tiefgründigeren  Themen als der Mentalität. Mir jedoch gefällt es am meisten diese zu entdecken, viel mehr jedenfalls als mich auf kolumbianisches Essen oder Vögel zu konzentrieren. Also bis bald mit anderen Themen.




Mittwoch, 9. Januar 2013

Weihnachten in Perú

Dieser Eintrag handelt, wie die Überschrift verrät, von meiner Reise nach Perú, die ich in den letzten Wochen unternommen habe. Die Entscheidung meiner Familie nach Peru zu fahren war relativ spontan, da der Streik der Richter das Gehalt meiner Gasteltern verzögert hat und sie deshalb nicht wussten ob die Reise möglich wäre. Somit habe ich erst, als ich vom Amazonas (letzter Eintrag) zurückgekommen bin davon erfahren und saß einige Tage später auch schon im Flugzeug. Ersten wollte ich Weihnachten nämlich nicht allein zuhause verbringen, aber vor allem konnte ich mir die einmalige Gelegenheit Peru kennen zu lernen natürlich nicht entgehen lassen. Von dieser Reise will ich die wichtigsten Stationen schildern.

Am 17. Dezember flogen wir also von Bogotá nach Lima. Der erste Tag in Lima war vor allem deshalb interessant, weil wir auf den  Cerro San Critóbal hochgefahren sind; ein spitzer Hügel mit einem Kreuz drauf, der von allen Seiten von Lima umgeben ist. Da Lima an der Peruanischen Küste liegt, die an diesem Ort eigentlich Wüste ist hat Lima ungefähr drei Regentage im Jahr. Das heißt, dass in der ganzen Stadt nichts wächst außer es wird permanent bewässert. Das hat zur Folge, dass der Cerro San Cristóbal, wie auch die anderen Hügel Limas aussehen wie der Schicksalsberg, ohne Vegetation, nicht einmal die kleinste Flechte, und ziemlich dreckig und staubig sind, weil es ja keinen Regen gibt, der die Stadt mal säubern würde. Von dem Hügel kann man also in alle Richtungen gucken und sieht nur Lima, Lima, Lima bis zum Horizont, den man wegen dem permanenten Smog nicht genau erkennen kann. Das Ganze wirkt wie ein Meer aus Häusern, hauptsächlich Slums, das die Hügel der Stadt hinaufklettert und teilweise überspült. Durchzogen ist dieses Meer von Autobahnen auf denen sich die Autos wie kleine Punkte voranschieben. Ich muss sagen, dass ich selten so etwas Krasses gesehen hab; so viele Menschen auf einem Haufen (Lima hat fast 8 Mio. Einwohner, fast 30% der Bevölkerung Perus, und man kann die Häuser von fast allen von diesem Hügel sehen); die Versorgung von allen mit Essen, Energie und Wasser; die Gewissheit, dass Lima im Weltweiten Vergleich nur auf Platz 32 der größten Städte der Welt liegt: alles ziemlich schwindelerregend.
Eine andere etwas unerfreuliche Geschichte ist, dass in Lima aus dem abgeschlossenen Zimmer unserer Herberge meine Kamera, mein Ipod, peruanisches und kolumbisches Geld und meine Ladegeräte geklaut worden sind, während wir am zweiten Tag nach unserer Ankunft beim Frühstück saßen. Da außer uns lediglich zwei andere Pärchen zur fraglichen Zeit der Herberge waren, eins davon ein älteres Ehepaar, das regelmäßig in der Herberge absteigt, das andere ein junges Pärchen, das überstürzt abgereist ist wärend wir beim Frühstück waren stehen die Diebe eigentlich fest (Hotelpersonal kommt nicht in Frage, das  zu der Zeit lediglich aus der bestürtzten Herbergsmutter bestand). Außerdem hat dieses Pärchen falsche Informationen in das Buch der Herberge eingetragen, wie wir bei der Polizei mit den Kopien ihrer Personalausweise, die sie hinterlegt hatten, herrausgefunden haben (angegeben hatten sie eine Stadt im Norden Perus, in Wirklichkeit kommen sie aus einem Slum von Lima). Allerdings habe ich wenig Hoffnung, meine Sachen jemals wieder zu sehen, da mir die Polizei bei der Erstattung der Anzeige erzählt hat, dass sich in solchen Fällen einer von zehn auflöst…  In Kolumbien, so versicherte mir meine Gastfamilie wäre die Polizei mehr auf Zack. Dieser Vorfall ist auch der Grund, dass es in diesem Eintrag leider keine selbstgemachten Bilder von mir geben wird.

Nach Lima fuhren wir mit dem Bus weiter in den Süden Perus, genauer gesagt nach Ica, eine Stadt, die wie Lima in der Küstenwüste liegt. Dort hieß das Programm Weinprobe, der ganzen Weine und Schnäpse, die dort an der Küste angebaut werden. Meine nicht besonders trinkfeste Familie war relativ schnell relativ angeheitert und damit in Kauflaune, womit die Strategie der Verkäufer perfekt aufging… Außerdem machten wir dort eine Tour mit von der Oase Huacachina aus mit dem Sandbuggy in die Dünen der Wüste. Dort konnte man auf einem Brett von bis zu 300m hohen Dünen rutschen. Das ganze macht verdammt Spaß; vor allem vor einem Panorama, das man eher in Saudi Arabien erwarten würde.

Die Oase Huacachina, wo wir zum Sandboarden waren (Bild aus dem Internet)
Danach gings wieder mit dem Bus weiter in den Süden, nach Arequipa, wo das Highlight der Besuch des nahegelegenen Colca-Canyons war. Für die Tour in diesen Canyon wurden wir um 3 Uhr nachts von unserem Hostal abgeholt und erstmal auf einen Pass von 4.910 m Höhe gebracht. Dort konnten wir nicht nur den Sonnenaufgang sondern auch einige 6.000er Gipfel in der Umgebung sehen. Diese Höhe machte sich bei mir dadurch bemerkbar, dass ich ein bisschen mich ein bisschen verlangsamt fühlte und meine morgendlichen 50 Liegestützen nicht mehr ganz schaffte, bei meinen Gasteltern jedoch durch Schwindelanfälle und Erbrechen. Das einzige was da hilft, so mein Gastvater ist Kokablätterkauen. Koka, die Heilige Pflanze der Inkas und sonstiger präspanischer Kulturen beseitigt nämlich Müdigkeit und  Übelkeit sowie Höhenkrankheit. Und für alle die das glauben: Koka und Kokain sind zwei verschieden Sachen; Kokain erhält man indem man die Blätter der Kokapflanze durch einige chemische Bäder gibt und so die Droge hochkonzentriert isoliert.
Nach der Höhe gings dann ins tiefe Tal (3.600 m haha…) um dort Kondore zu beobachten. Kondore, die emblematischen Andentiere schlecht hin bekamen wir allerdings leider nicht zu Gesicht. Der Canyon alleine war allerdings schon spektakulär genug. Von unseren Führern als der tiefste Canyon der Welt angepriesen (mit 4.100 m mehr als doppelt so tief wie der Grand Canyon in US and A) kommt man sich in dieser Schlucht schon sehr klein vor wenn man 2.000 m nach unten und 2.000 nach oben gucken kann… Dort, wie auch in allen anderen wichtigen Touristenattraktionen Perus, trifft man mitten in der Pampa Verkäufer, die einem alles vom Alpacapullover bis zum Kokabonbon andrehen wollen.

Unsere nächste Station war Cusco dorthin wollten wir in der Nacht vom 23. auf den 24. hinfahren uns an Heilig Abend die Stadt angucken und abends Weihnachten feiern. Allerdings hatte unser Bus mitten in der Nachtauf offener Straße leider eine Motorpanne, bei der irgendeine Pumpe keinen Treibstoff mehr angesaugt hatte. Nach vergeblichen Reparaturversuchen des Fahrers gab dieser auf und erklärte den Bus für kaputt. Zuerst meine er uns würde ein anderer Bus der Busfirma abholen, wie uns auf unserem Ticket zugesichert war. Nachdem er jedoch mit seinem Vorgesetzen telefoniert hatte meinte er, dass doch kein Bus vorbei kommt, weil wir ja eh nur 15 Leute im Bus seien und wir doch per Anhalter ins nächste Dorf fahren sollten um uns dort die Weiterfahrt nach Cusco zu kaufen. Nach einigem Lamentieren und Verfluchen haben wir das dann auch gemacht, mit dem Ende vom Lied, das wir um halb sieben in Cusco ankamen, 10 Stunden später als geplant (wir haben später in Lima Anzeige gegen die Busfirma erstattet, weil sie und das Geld nicht zurückgeben wollten). Was macht man also Heilig Abend abends in Cusco? Dreckige Wäsche waschen lassen und die weitere Reise planen meinte meine Familie. Dass das nicht meiner Vorstellung von Weihnachten entsprach liegt, auf der Hand. Als sie sich schlussendlich ein Restaurant suchen wollten war es schon so spät, dass alles zu hatte außer ein Pub in dem sich ausschließlich Touristen befanden, der uns noch ein Sandwich verkaufte. Für 6€ habe ich mir dort dann noch ein Erdinger aus dem passenden Glas genehmigt (Scheiß drauf, ist Weihnachten…)
Ein Lichtblick war jedoch der nächste Tag, an dem ich mich mit einem Ehemaligen Klassenkameraden vom FAG, Julian Zündorf (Zündi), traf, der ebenfalls einen Freiwilligendienst ableistet, nur eben in Cusco. Meine Familie hetzte währenddessen weiter um sich andere Attraktionen anzugucken. Mit ihm konnte ich dann fast den ganzen Tag Erfahrungen und Erinnerungen austauschen und er lud mich auf Weihnachtsbraten in seine WG ein. Er und seine Wohngenossen hatten sich nämlich vor Weihnachten ein lebendes Ferkel gekauft und, mit großem Erfolg, fast in Eigenregie daraus einen Weihnachtsbraten gezaubert. Abends musste ich jedoch schon wieder weiter um mich mit meiner Familie in Aguas Calientes zu treffen, einem Ort 3 h von Cusco, dem Tor zu Machu Picchu.

Machu Picchu, die spektakulärste Inkaruine und wahrscheinlich die größte Geldmaschiene Perus! Für mich waren die Ruinen dort nicht weniger fantastisch als die Touristenabzocke, die dort stattfindet. Doch das Schöne zuerst: Als wir mit unserer Gruppe Machu Picchu betraten, das echt toll auf einem etwas niedrigeren Kamm zwischen höheren von Regenwald bewachsenen Berggipfeln liegt, war noch fast die ganze Stadt von Nebel bedeckt. Dieser lichtete sich erst langsam um einen ziemlich beeindruckenden Blick auf die ganze Stadt freizugeben. Unser Führer berichtete uns in der Tour sehr anschaulich über Alltag der ehemaligen Bewohner, Bedeutung der Stadt, Mythologie, usw… Sehr interessant das alles. Weniger erfreulich, die Preise dort: $ 76 Eintritt zu Machu Picchu, $ 17 halbstündige Busfahrt dorthin, überhöhte Preise Agauas Calientes, einem Dorf, das einzig für Touristen existiert, erfundene Steuern in Restaurants (der blöden Kellnerin hab ich meinen Standpunkt glaub ich eindrücklich klargemacht.. :D), ect…
Machu Picchu mit Lama, für alle, die noch nicht wissen wir das aussieht (Bild aus dem Internet)

Der nächste Programmpunkt war für uns der Titikakasee an der Grenze zu Bolivien. Wir sind also nach einer weiteren Buspanne, die zum Glück schnell geregelt wurde mit einem Busfahrer, der wie der letzte Mafioso redete („To your left, ma friends, you can see the famous church of Juliaca, eehh!?“), in Puno angekommen. Von Puno, der größten peruanischen Stadt am Titikaksee machten wir eine Bootstour über den See. Erster Halt: die traditionellen, schwimmenden Inseln. Deshalb so genannt, weil sie eigentlich nur aus zusammengebundenen Bündeln aus Seegras bestehen. Leider waren die Bewohner, dieser Inseln genauso auf den Tourismuszirkus und aus Geldmachen getrimmt wie viele andere Leute, die wir auf unsere Reise trafen. Zweiter Halt: die echte Insel Taquile mitten im See. Die gesamte Insel sah für mich total mediterran aus und angeblich ist die Strickkunst ihrer Bewohner UNESCO-geschützt. Von dem höchsten Punkt der Insel konnte man, wegen der klaren Luft mit über 100 km Sichtweite, fast den ganzen See überblicken. Das war bei strahlendem Sonnenschein schon ziemlich spektakulär.

Blick über den Titikakasee von der Insel Taquile (Bild aus dem Internet)
Nach dem See gings für uns wieder zurück nach Lima, wo wir mangels Antrieb einige extrem unproduktive Tage verbrachten. Darunter auch den 31. An diesem Tag mussten wir natürlich, nach kolumbianischem und peruanischem Brauch, um 12 Uhr nachts 12 Trauben essen, für jeden Monat eine. Das bringt angeblich Glück. Dabei konnten wir von der Uferpromenade Limas das Feuerwerk dieser Millionenstadt beobachten, um danach noch bis spät in die Nacht mit den anderen Leuten unsere Herberge Salsa zu tanzen. Am 3. Januar war dann auch schon der Rückflug nach Bogotá angesagt.

Insgesamt hab ich wohl auf diesem Ausflug mehr über Inkakultur gelernt als mir jemals lieb war und weniger über Peruaner als mir lieb gewesen wäre. Trotzdem war es sehr interessant mal ein anderes lateinamerikanisches Land zu besuchen um einen Vergleich zu Kolumbien zu haben (Kolumbien ist mir um einiges lieber als Peru).

Bis bald mit neuen Berichten, Eindrücken, usw… , meine fleißigen Leser.

PS: Das mit den 50 Liegestützen war gelogen.