Mittwoch, 9. Januar 2013

Weihnachten in Perú

Dieser Eintrag handelt, wie die Überschrift verrät, von meiner Reise nach Perú, die ich in den letzten Wochen unternommen habe. Die Entscheidung meiner Familie nach Peru zu fahren war relativ spontan, da der Streik der Richter das Gehalt meiner Gasteltern verzögert hat und sie deshalb nicht wussten ob die Reise möglich wäre. Somit habe ich erst, als ich vom Amazonas (letzter Eintrag) zurückgekommen bin davon erfahren und saß einige Tage später auch schon im Flugzeug. Ersten wollte ich Weihnachten nämlich nicht allein zuhause verbringen, aber vor allem konnte ich mir die einmalige Gelegenheit Peru kennen zu lernen natürlich nicht entgehen lassen. Von dieser Reise will ich die wichtigsten Stationen schildern.

Am 17. Dezember flogen wir also von Bogotá nach Lima. Der erste Tag in Lima war vor allem deshalb interessant, weil wir auf den  Cerro San Critóbal hochgefahren sind; ein spitzer Hügel mit einem Kreuz drauf, der von allen Seiten von Lima umgeben ist. Da Lima an der Peruanischen Küste liegt, die an diesem Ort eigentlich Wüste ist hat Lima ungefähr drei Regentage im Jahr. Das heißt, dass in der ganzen Stadt nichts wächst außer es wird permanent bewässert. Das hat zur Folge, dass der Cerro San Cristóbal, wie auch die anderen Hügel Limas aussehen wie der Schicksalsberg, ohne Vegetation, nicht einmal die kleinste Flechte, und ziemlich dreckig und staubig sind, weil es ja keinen Regen gibt, der die Stadt mal säubern würde. Von dem Hügel kann man also in alle Richtungen gucken und sieht nur Lima, Lima, Lima bis zum Horizont, den man wegen dem permanenten Smog nicht genau erkennen kann. Das Ganze wirkt wie ein Meer aus Häusern, hauptsächlich Slums, das die Hügel der Stadt hinaufklettert und teilweise überspült. Durchzogen ist dieses Meer von Autobahnen auf denen sich die Autos wie kleine Punkte voranschieben. Ich muss sagen, dass ich selten so etwas Krasses gesehen hab; so viele Menschen auf einem Haufen (Lima hat fast 8 Mio. Einwohner, fast 30% der Bevölkerung Perus, und man kann die Häuser von fast allen von diesem Hügel sehen); die Versorgung von allen mit Essen, Energie und Wasser; die Gewissheit, dass Lima im Weltweiten Vergleich nur auf Platz 32 der größten Städte der Welt liegt: alles ziemlich schwindelerregend.
Eine andere etwas unerfreuliche Geschichte ist, dass in Lima aus dem abgeschlossenen Zimmer unserer Herberge meine Kamera, mein Ipod, peruanisches und kolumbisches Geld und meine Ladegeräte geklaut worden sind, während wir am zweiten Tag nach unserer Ankunft beim Frühstück saßen. Da außer uns lediglich zwei andere Pärchen zur fraglichen Zeit der Herberge waren, eins davon ein älteres Ehepaar, das regelmäßig in der Herberge absteigt, das andere ein junges Pärchen, das überstürzt abgereist ist wärend wir beim Frühstück waren stehen die Diebe eigentlich fest (Hotelpersonal kommt nicht in Frage, das  zu der Zeit lediglich aus der bestürtzten Herbergsmutter bestand). Außerdem hat dieses Pärchen falsche Informationen in das Buch der Herberge eingetragen, wie wir bei der Polizei mit den Kopien ihrer Personalausweise, die sie hinterlegt hatten, herrausgefunden haben (angegeben hatten sie eine Stadt im Norden Perus, in Wirklichkeit kommen sie aus einem Slum von Lima). Allerdings habe ich wenig Hoffnung, meine Sachen jemals wieder zu sehen, da mir die Polizei bei der Erstattung der Anzeige erzählt hat, dass sich in solchen Fällen einer von zehn auflöst…  In Kolumbien, so versicherte mir meine Gastfamilie wäre die Polizei mehr auf Zack. Dieser Vorfall ist auch der Grund, dass es in diesem Eintrag leider keine selbstgemachten Bilder von mir geben wird.

Nach Lima fuhren wir mit dem Bus weiter in den Süden Perus, genauer gesagt nach Ica, eine Stadt, die wie Lima in der Küstenwüste liegt. Dort hieß das Programm Weinprobe, der ganzen Weine und Schnäpse, die dort an der Küste angebaut werden. Meine nicht besonders trinkfeste Familie war relativ schnell relativ angeheitert und damit in Kauflaune, womit die Strategie der Verkäufer perfekt aufging… Außerdem machten wir dort eine Tour mit von der Oase Huacachina aus mit dem Sandbuggy in die Dünen der Wüste. Dort konnte man auf einem Brett von bis zu 300m hohen Dünen rutschen. Das ganze macht verdammt Spaß; vor allem vor einem Panorama, das man eher in Saudi Arabien erwarten würde.

Die Oase Huacachina, wo wir zum Sandboarden waren (Bild aus dem Internet)
Danach gings wieder mit dem Bus weiter in den Süden, nach Arequipa, wo das Highlight der Besuch des nahegelegenen Colca-Canyons war. Für die Tour in diesen Canyon wurden wir um 3 Uhr nachts von unserem Hostal abgeholt und erstmal auf einen Pass von 4.910 m Höhe gebracht. Dort konnten wir nicht nur den Sonnenaufgang sondern auch einige 6.000er Gipfel in der Umgebung sehen. Diese Höhe machte sich bei mir dadurch bemerkbar, dass ich ein bisschen mich ein bisschen verlangsamt fühlte und meine morgendlichen 50 Liegestützen nicht mehr ganz schaffte, bei meinen Gasteltern jedoch durch Schwindelanfälle und Erbrechen. Das einzige was da hilft, so mein Gastvater ist Kokablätterkauen. Koka, die Heilige Pflanze der Inkas und sonstiger präspanischer Kulturen beseitigt nämlich Müdigkeit und  Übelkeit sowie Höhenkrankheit. Und für alle die das glauben: Koka und Kokain sind zwei verschieden Sachen; Kokain erhält man indem man die Blätter der Kokapflanze durch einige chemische Bäder gibt und so die Droge hochkonzentriert isoliert.
Nach der Höhe gings dann ins tiefe Tal (3.600 m haha…) um dort Kondore zu beobachten. Kondore, die emblematischen Andentiere schlecht hin bekamen wir allerdings leider nicht zu Gesicht. Der Canyon alleine war allerdings schon spektakulär genug. Von unseren Führern als der tiefste Canyon der Welt angepriesen (mit 4.100 m mehr als doppelt so tief wie der Grand Canyon in US and A) kommt man sich in dieser Schlucht schon sehr klein vor wenn man 2.000 m nach unten und 2.000 nach oben gucken kann… Dort, wie auch in allen anderen wichtigen Touristenattraktionen Perus, trifft man mitten in der Pampa Verkäufer, die einem alles vom Alpacapullover bis zum Kokabonbon andrehen wollen.

Unsere nächste Station war Cusco dorthin wollten wir in der Nacht vom 23. auf den 24. hinfahren uns an Heilig Abend die Stadt angucken und abends Weihnachten feiern. Allerdings hatte unser Bus mitten in der Nachtauf offener Straße leider eine Motorpanne, bei der irgendeine Pumpe keinen Treibstoff mehr angesaugt hatte. Nach vergeblichen Reparaturversuchen des Fahrers gab dieser auf und erklärte den Bus für kaputt. Zuerst meine er uns würde ein anderer Bus der Busfirma abholen, wie uns auf unserem Ticket zugesichert war. Nachdem er jedoch mit seinem Vorgesetzen telefoniert hatte meinte er, dass doch kein Bus vorbei kommt, weil wir ja eh nur 15 Leute im Bus seien und wir doch per Anhalter ins nächste Dorf fahren sollten um uns dort die Weiterfahrt nach Cusco zu kaufen. Nach einigem Lamentieren und Verfluchen haben wir das dann auch gemacht, mit dem Ende vom Lied, das wir um halb sieben in Cusco ankamen, 10 Stunden später als geplant (wir haben später in Lima Anzeige gegen die Busfirma erstattet, weil sie und das Geld nicht zurückgeben wollten). Was macht man also Heilig Abend abends in Cusco? Dreckige Wäsche waschen lassen und die weitere Reise planen meinte meine Familie. Dass das nicht meiner Vorstellung von Weihnachten entsprach liegt, auf der Hand. Als sie sich schlussendlich ein Restaurant suchen wollten war es schon so spät, dass alles zu hatte außer ein Pub in dem sich ausschließlich Touristen befanden, der uns noch ein Sandwich verkaufte. Für 6€ habe ich mir dort dann noch ein Erdinger aus dem passenden Glas genehmigt (Scheiß drauf, ist Weihnachten…)
Ein Lichtblick war jedoch der nächste Tag, an dem ich mich mit einem Ehemaligen Klassenkameraden vom FAG, Julian Zündorf (Zündi), traf, der ebenfalls einen Freiwilligendienst ableistet, nur eben in Cusco. Meine Familie hetzte währenddessen weiter um sich andere Attraktionen anzugucken. Mit ihm konnte ich dann fast den ganzen Tag Erfahrungen und Erinnerungen austauschen und er lud mich auf Weihnachtsbraten in seine WG ein. Er und seine Wohngenossen hatten sich nämlich vor Weihnachten ein lebendes Ferkel gekauft und, mit großem Erfolg, fast in Eigenregie daraus einen Weihnachtsbraten gezaubert. Abends musste ich jedoch schon wieder weiter um mich mit meiner Familie in Aguas Calientes zu treffen, einem Ort 3 h von Cusco, dem Tor zu Machu Picchu.

Machu Picchu, die spektakulärste Inkaruine und wahrscheinlich die größte Geldmaschiene Perus! Für mich waren die Ruinen dort nicht weniger fantastisch als die Touristenabzocke, die dort stattfindet. Doch das Schöne zuerst: Als wir mit unserer Gruppe Machu Picchu betraten, das echt toll auf einem etwas niedrigeren Kamm zwischen höheren von Regenwald bewachsenen Berggipfeln liegt, war noch fast die ganze Stadt von Nebel bedeckt. Dieser lichtete sich erst langsam um einen ziemlich beeindruckenden Blick auf die ganze Stadt freizugeben. Unser Führer berichtete uns in der Tour sehr anschaulich über Alltag der ehemaligen Bewohner, Bedeutung der Stadt, Mythologie, usw… Sehr interessant das alles. Weniger erfreulich, die Preise dort: $ 76 Eintritt zu Machu Picchu, $ 17 halbstündige Busfahrt dorthin, überhöhte Preise Agauas Calientes, einem Dorf, das einzig für Touristen existiert, erfundene Steuern in Restaurants (der blöden Kellnerin hab ich meinen Standpunkt glaub ich eindrücklich klargemacht.. :D), ect…
Machu Picchu mit Lama, für alle, die noch nicht wissen wir das aussieht (Bild aus dem Internet)

Der nächste Programmpunkt war für uns der Titikakasee an der Grenze zu Bolivien. Wir sind also nach einer weiteren Buspanne, die zum Glück schnell geregelt wurde mit einem Busfahrer, der wie der letzte Mafioso redete („To your left, ma friends, you can see the famous church of Juliaca, eehh!?“), in Puno angekommen. Von Puno, der größten peruanischen Stadt am Titikaksee machten wir eine Bootstour über den See. Erster Halt: die traditionellen, schwimmenden Inseln. Deshalb so genannt, weil sie eigentlich nur aus zusammengebundenen Bündeln aus Seegras bestehen. Leider waren die Bewohner, dieser Inseln genauso auf den Tourismuszirkus und aus Geldmachen getrimmt wie viele andere Leute, die wir auf unsere Reise trafen. Zweiter Halt: die echte Insel Taquile mitten im See. Die gesamte Insel sah für mich total mediterran aus und angeblich ist die Strickkunst ihrer Bewohner UNESCO-geschützt. Von dem höchsten Punkt der Insel konnte man, wegen der klaren Luft mit über 100 km Sichtweite, fast den ganzen See überblicken. Das war bei strahlendem Sonnenschein schon ziemlich spektakulär.

Blick über den Titikakasee von der Insel Taquile (Bild aus dem Internet)
Nach dem See gings für uns wieder zurück nach Lima, wo wir mangels Antrieb einige extrem unproduktive Tage verbrachten. Darunter auch den 31. An diesem Tag mussten wir natürlich, nach kolumbianischem und peruanischem Brauch, um 12 Uhr nachts 12 Trauben essen, für jeden Monat eine. Das bringt angeblich Glück. Dabei konnten wir von der Uferpromenade Limas das Feuerwerk dieser Millionenstadt beobachten, um danach noch bis spät in die Nacht mit den anderen Leuten unsere Herberge Salsa zu tanzen. Am 3. Januar war dann auch schon der Rückflug nach Bogotá angesagt.

Insgesamt hab ich wohl auf diesem Ausflug mehr über Inkakultur gelernt als mir jemals lieb war und weniger über Peruaner als mir lieb gewesen wäre. Trotzdem war es sehr interessant mal ein anderes lateinamerikanisches Land zu besuchen um einen Vergleich zu Kolumbien zu haben (Kolumbien ist mir um einiges lieber als Peru).

Bis bald mit neuen Berichten, Eindrücken, usw… , meine fleißigen Leser.

PS: Das mit den 50 Liegestützen war gelogen.