Montag, 27. August 2012

Erste Eindrücke

Endlich finde ich jetzt wieder ein bisschen Zeit gefunden meinen Blog auf den neusten Stand zu bringen. Das ist auch bitter nötig, weil in den letzten 4 Tagen Stoff für 10 Einträge passiert ist.
Nach einer kleinen aber feinen Abschiedsfete am Ensinger See und einigen anderen kleinen Abschiedszeremonien hieß es für mich am letzten Montag Koffer packen und am folgenden Dienstag den 11-stündigen Flug nach Bogotá anzutreten. Der Abschied  diesmal fiel mir leichter, als noch vor meinem Jahr in Amerika, vielleicht deshalb weil ich darin schon fast so etwas wie Routine habe, vielleicht auch deshalb, weil ich mir im Voraus weniger Gedanken darüber gemacht habe was mich in Kolumbien erwartet und was ich in Deutschland verpassen könnte. 
Also traf ich dann am Dienstag morgen die anderen Freiwilligen, die wie ich von Stuttgart aus losfliegen sollten, am Stuttgarter Flughafen. Nach einem kurzen fast tränenlosen Abschied von meinen Eltern flogen wir dann nach Frankfurt, wo wir uns mit den anderen Freiwilligen zusammentaten um von dort aus nach Bogotá zu starten. Kleine Randnotiz. Am Frankfurter Flughafen traf ich den ersten Botschafter meines Lebens, nämlich den Amerikanischen nach Bahrain, ein netter Herr mit grauen Haaren und dunklerer Haut, der von zuerst von Reagan, dann von Bush Senior in diese Position eingesetzt wurde. Der Flug selbst wurde uns dann von so tiefgründigen Filmen wie "Wrath of the Titans" und "The Avengers" auf einem 15x15 cm Display, sowie von kostenloser Cola und Cognac und durch die Gruppe an Freiwilligen versüßt. 
So wurde Kolumbien für uns langsam von einem vagen Bild in unsere Vorstellung zur Realität; zuerst angekündigt durch die lateinamerikanischen Gesichter im Flugzeug, dann durch die ersten Lichter von Bogotá  vor dem Flugzeugfenster und schließlich, nach der Ankunft, durch das Chaos auf den Straßen Bogotás, das wir von dem Bus aus bestaunen konnten, der uns zu einem Hotel direkt neben dem AFS-Büro für Kolumbien brachte. Dort verbrachten wir totmüde (7 Stunden Zeitverschiebung und 11 Stunden Flug forden ihren Tribut) die Nacht.
Viel mehr von Kolumbien bekamen wir auch am zweiten Tag nicht zu sehen, da wir unsere Zeit nur mit ein Paar AFS-Workshops zu Sicherheit und AFS-Regeln im AFS-Büro verbrachten. Der einzige, eindeutige Hinweis, darauf, dass wir uns nicht etwa in Italien oder Spanien befanden war der 2 m hohe Zaun mit Nato-Draht unter Strom darauf, der unser Hotel umgab und die unser typisch Kolumbianisches Mittagessen aus Arroz con Pollo (Reis mit Hühnchen), Kartoffelbrei und Salat und Lulo-Saft (eine Frucht, die es nur in Lateinamerika, hauptsächlich in Kolumbien und Ecuador gibt). 
So richtig begriffen wir erst am dritten Tag nach unserer Ankunft, dass wir in einem Land waren, dass sich äußerlich stark von Ländern unterscheidet, in denen wir bis jetzt gewesen sind. "Äußerlich" deshalb, weil wir bis dahin ja, Mangels Kontakt mit Kolumbianern, abgesehen von zwei kolumbianischen AFS-Freiwilligen noch keine Gelegenheit hatten unter die Motorhaube zu gucken.
Am dritten Tag nach unsere Ankunft machten wir nämlich eine Tour zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Bogotá: der Plaza Bolivar, dem Herz Bogotás und angeblich auch Kolumbiens, Casa Nariño, dem Präsidentenpalast, und dem Museo Botero, dem Hauptmuseum über Kolumbiens bekanntesten Künstler mit vielen vor seinen Gemälden und Skulpturen, die mit Vorliebe extrem dicke Menschen zeigen, und seiner Privatsammlung mit Originalbildern von Monet und Picasso.
Mir sind bei der Stadttour einige Sachen ganz besonders aufgefallen:

  • An jeder Straßenecke in Bogotá stehen Soldaten und Polizisten wahlweise mit Sturmgewehren, Plastikschilden oder Schlagstöcken manchmal auch in einer schwarzen Rüstung, die augenscheinlich nicht viel Bewegungsfreiheit ließ. Gerechtfertigt?? Vielleicht schon, wenn man bedenkt, dass erst 1985 der Justizpalast im Herzen von Bogotá von 35 Guerillios der M-19 eingenommen wurde und im Ausgang der folgenden Geiselnahme ca. 120 Personen starben...
  • An jeder Straßenecke wird von Händlern mit Bauchläden oder kleineren Geschäften irgendwas verkauft, seien es Früchte, Süßkram oder Zigaretten (umgerechnet 80 ct die Schachtel, mit Bildern von verkrüppelten Embryos darauf)
  • Die meisten Gebäude scheinen aus den 60ern und 70ern zu sein. Verständlich, wenn man weiß dass zu dieser Zeit Bogotá einen enormen Bevölkerungszuwachs hatte, der mit der teilweise der Gewalt in ländlichen Gebieten geschuldeten  Landflucht zu erklären ist.
  • Als Europäer wir man von allen Leuten auf der Straße angestarrt. Wie ich finde ebenso verständlich, da man selbst in Bogotá so gut wie keine Europäer auf der Straße sieht und wir uns äußerlich eben doch sichtbar von 99% der Kolumbianer unterscheiden. (eins von diesen blauen Avatar-Viechern würde in Deutschland auf der Straße wahrscheinlich auch angestarrt werden :D)  
Hier also einige meiner ersten Eindrücke. Über meine Gastfamilie, bei der ich mitlerweile wohne und mein Projekt, das sich schon wieder geändert hat werde ich euch in meinem nächsten Eintrag auf dem laufenden halten.

Mittwoch, 15. August 2012

Kommando zurück

Wilkommen liebe Freunde und Interessierte zum ersten Eintrag meines neugegründeten Blogs,
Wie ihr wahrscheinlich wisst werde ich das Jahr nach meinem Abi als Freiwilliger in Kolumbien verbringen. Bis jetzt habe ich allen Interessierten erzählt, dass ich ein Jahr im tropischen Cali mit 3 Mio. Einwohnern, 50 km entfernt von der kolumbianischen Pazifikküste, 26° im Jahresmittel, verbringen würde. Dabei würde ich auf einem Bauernhof, der etwas außerhalb Calis gelegen sei, mit Kindern im Grundschulalter, die auf diesem Bauernhof den Tag über betreut würden und aus einem der Slums Calis stammen, Umweltprojekte machen.
Nun, das war auch mein Kenntnisstand, zumindest bis gestern (7 Tage vor meiner Abreise am 21. Juli). An diesem Tag  wurde mir nämlich zuerst von einem AFS-Mitarbeiter aus Kolumbien über den facebook-chat erzählt, was mir später von AFS Deutschland bestätigt wurde, nämlich, dass, das Auswärtige Amt mir einen Strich durch die Rechnung macht. Und zwar hatte es den Ort meines Projektes, im Umland von Cali für nicht sicher befunden, und da mein Projekt vom Bundesfamilienministerium gefördert wird und dieses sich auf die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes verlässt (AFS-Kolumbien behauptet gegenteiliges) kann ich dort nicht hin.
Deshalb habe ich nun ein neues Projekt zugeteilt bekommen. Nach meinem jetzigen Kenntnisstand werde ich nun in Tunja (ein Ort mit 170.00 Einwohnern, 150 km nordöstlich von Bogota, 2.775 m ü. NN., 14° im Jahresmittel) in einem Kindergarten mit 0 bis 7-jährigen Kinden aus armen Familien  arbeiten. Dabei soll ich laut Projektbeschreibung bei der Essensausgabe helfen und mit den Kindern Spiele machen und ihnen evtl. auch ein bisschen Englisch beibringen.
Diese kurzfristige Planänderung ist für mich keine große Enttäuschung sondern vielmehr eine nüchterne Zurkenntnisnahme, die interessanterweise mit sich bringt, dass ich nun erfahren werde, wie es ist permanent auf Hochgebirgsniveau zu leben und mich zwingt mich auf gefühlte 30° weniger einzustellen. Zudem wird sie mir dadurch versüßt, dass ich nun erste Informationen über meine Gastfamilie habe.
Doch davon mehr im nächsten Eintrag. ich freue mich, falls ihr hin und wieder vorbeiguckt. Dabei könnt ihr hier auch gerne Kommentare hinterlassen und mir sagen wie ihr meinen Blog findet (geschwollen, langweilig, brechreizerregend, etc. :D) oder zu bestimmten Sachen nachhaken.