Mittwoch, 12. September 2012

Meine Schule


Hier ist endlich der von euch brandheiß erwartete nächste Eintrag in meinem Blog, der endlich und endgültig mein Projekt beschreibt:
Meine Aufgabe hier besteht daraus an einer Schule, die sich Educativo Técnico San Martin de Tours nennt, Englisch zu unterrichten. Die Schule hat ca. 350 Schüler der Klassen 1-11 (in Kolumbien ist mit der 11ten Klasse die Schule vorbei) von denen ca. 110 verschiedene Behinderungen haben, alle jedoch aus den ärmsten Schichten der Bevölkerung kommen  und teilweise in extremer Armut leben und/oder schwierige Familienverhältnisse haben. So sind die Eltern von einigen meiner Schüler Trinker, im Gefängnis oder prostituieren sich. Teilweise müssen sie auch mit 3.000 Pesos (1,50 €)am Tag auskommen und kommen deshalb ohne Frühstück in die Schule; wobei das warme Mittagessen, das in dort serviert wird gut aufgenommen wird.
Die Behinderungen der Schüler bestehen zum Großteil aus Blindheit, Taubheit oder Stummheit, allerdings gibt es auch Schüler mit Down-Syndrom, Autismus und körperlichen Behinderungen. Dabei wird versucht wo es geht integriert zu unterrichten, d.h. alle zusammen, zu unterrichten. Das macht den Unterricht nicht unbedingt leichter, weil z.B. für die blinden extra Braille-Sachen besorgt werden müssen oder man z.B aufpassen muss, dass man den Autisten nicht reizt, weil er sonst schnell ungemütlich wird. Außerdem ist die Schule ist öffentlich und hat dementsprechend wenig (Lehr-)mittel. Die Fachschaft Englisch, bestehend aus einer Lehrerin und mir hat z.B. nur deshalb ein Buch zu Verfügung, weil es sich die Lehrerin selbst angeschafft hat (von Büchern für die Schüler ganz zu schweigen). Kopien, Tafelanschriebe und kleine Kärtchen an der Tafel sind deshalb ebenso vorherrschend wie langweilig.
Meine Aufgabe besteht nun darin, vormittags der Englischlehrerin beim Unterrichten der Klassen 6-11 zu helfen und selbst die Klassen 1-5 Nachmittags zu erledigen.  Das klappt auch sehr gut, weil wir uns sehr gut verstehen und ergänzen; wahrscheinlich auch deshalb, weil wir im Vergleich zur restlichen Lehrerschaft relativ jung sind (sie ist Mitte zwanzig).  Das Level von Englisch bei den Schülern ist dabei extrem niedrig: In der 8 können die meisten gerade Sätze wie „John live house blue.“ bilden; in der 11. einfache Geschichten über einen Bauern und seine Söhne nach mehrmaliger Wiederholung mit Mühe verstehen. Das liegt vor allem daran, dass die Lernmotivation häufig sehr gering ist und die Schüler außerdem grundsätzlich nichts zuhause tun (Hausaufgaben aufzugeben hat die Lehrerschaft größtenteils aufgegeben). Die Lernmotivation ist vor allem deshalb so niedrig weil so gut wie kein Schüler von der Schule Englisch jemals in seinem Leben brauchen wird. Wegen dieser traurigen Tatsache und, weil viele der Schüler nachmittags arbeiten müssen tun sie auch nichts zu Hause. Dementsprechend liegt der Fokus beim Unterrichten nicht auf der Vermittlung von Fachwissen sondern darauf die teilweise sehr schwierigen Klassen unter Kontrolle zu halten (was mir, mit meinem bescheidenem Spanisch, wie ich finde relativ gut gelingt).
Im Gegensatz dazu wurde ich aber wohl noch nie so begeistert aufgenommen: Ich kann keine 2 m über den Schulhof gehen, ohne dass irgendjemand mir die Hand schütteln will, mich Sachen über Deutschland fragt oder mit mir Fußball spielen will. Neulich musste ich schon Autogramme geben und manchmal werde ich von meinen 14-jährigen Schülern angemacht!!
Im Großen und Ganzen bin ich also mit meinem Projekt vollauf zufrieden, bin auf einen Punkt: Ich muss dienstags und mittwochs um 5:00 Uhr aufstehen, weil die Schule um 6.15 Uhr anfängt und ich an den Tagen zur ersten Unterricht hab.  
Soweit also davon. In meinen nächsten Einträgen werde ich außerdem die Personen von denen ich berichte mit ihren Funktionen, die sie für mich haben benennen (Gastschwester, Direktorin, usw…) und nicht mit ihren Namen, weil es mich bei vielen Blocks schon heftig genervt hat, dass die jeweiligen Schreiber von Marco, Angelica, usw. reden und ich als Gelegenheitsleser keine Ahnung habe wer diese Leute sind. Außerdem wird so die Privatsphäre von diesen Leuten geschützt. Wir haben es hier also mit einer „Win-Win-Situation“ zu tun. :D

1 Kommentar:

  1. Klingt ja echt sehr interessant dein Projekt! Ist zwar etwas anders als die Info "Kindergarten", aber umso besser ;)
    Gute Zeit dir weiterhin!

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