Hier ist endlich der von euch brandheiß erwartete nächste
Eintrag in meinem Blog, der endlich und endgültig mein Projekt beschreibt:
Meine Aufgabe hier besteht daraus an einer Schule, die sich Educativo
Técnico San Martin de Tours nennt, Englisch zu unterrichten. Die Schule hat ca.
350 Schüler der Klassen 1-11 (in Kolumbien ist mit der 11ten Klasse die Schule
vorbei) von denen ca. 110 verschiedene Behinderungen haben, alle jedoch aus den
ärmsten Schichten der Bevölkerung kommen und teilweise in extremer Armut leben und/oder
schwierige Familienverhältnisse haben. So sind die Eltern von einigen meiner
Schüler Trinker, im Gefängnis oder prostituieren sich. Teilweise müssen sie
auch mit 3.000 Pesos (1,50 €)am Tag auskommen und kommen deshalb ohne Frühstück
in die Schule; wobei das warme Mittagessen, das in dort serviert wird gut
aufgenommen wird.
Die Behinderungen der Schüler bestehen zum Großteil aus Blindheit,
Taubheit oder Stummheit, allerdings gibt es auch Schüler mit Down-Syndrom,
Autismus und körperlichen Behinderungen. Dabei wird versucht wo es geht
integriert zu unterrichten, d.h. alle zusammen, zu unterrichten. Das macht den
Unterricht nicht unbedingt leichter, weil z.B. für die blinden extra Braille-Sachen
besorgt werden müssen oder man z.B aufpassen muss, dass man den Autisten nicht
reizt, weil er sonst schnell ungemütlich wird. Außerdem ist die Schule ist
öffentlich und hat dementsprechend wenig (Lehr-)mittel. Die Fachschaft
Englisch, bestehend aus einer Lehrerin und mir hat z.B. nur deshalb ein Buch zu
Verfügung, weil es sich die Lehrerin selbst angeschafft hat (von Büchern für
die Schüler ganz zu schweigen). Kopien, Tafelanschriebe und kleine Kärtchen an der
Tafel sind deshalb ebenso vorherrschend wie langweilig.
Meine Aufgabe besteht nun darin, vormittags der
Englischlehrerin beim Unterrichten der Klassen 6-11 zu helfen und selbst die Klassen
1-5 Nachmittags zu erledigen. Das klappt
auch sehr gut, weil wir uns sehr gut verstehen und ergänzen; wahrscheinlich
auch deshalb, weil wir im Vergleich zur restlichen Lehrerschaft relativ jung
sind (sie ist Mitte zwanzig). Das Level
von Englisch bei den Schülern ist dabei extrem niedrig: In der 8 können die
meisten gerade Sätze wie „John live house blue.“ bilden; in der 11. einfache Geschichten
über einen Bauern und seine Söhne nach mehrmaliger Wiederholung mit Mühe
verstehen. Das liegt vor allem daran, dass die Lernmotivation häufig sehr
gering ist und die Schüler außerdem grundsätzlich nichts zuhause tun
(Hausaufgaben aufzugeben hat die Lehrerschaft größtenteils aufgegeben). Die
Lernmotivation ist vor allem deshalb so niedrig weil so gut wie kein Schüler
von der Schule Englisch jemals in seinem Leben brauchen wird. Wegen dieser
traurigen Tatsache und, weil viele der Schüler nachmittags arbeiten müssen tun
sie auch nichts zu Hause. Dementsprechend
liegt der Fokus beim Unterrichten nicht auf der Vermittlung von Fachwissen
sondern darauf die teilweise sehr schwierigen Klassen unter Kontrolle zu halten
(was mir, mit meinem bescheidenem Spanisch, wie ich finde relativ gut gelingt).
Im Gegensatz dazu wurde ich aber wohl noch nie so begeistert
aufgenommen: Ich kann keine 2 m über den Schulhof gehen, ohne dass irgendjemand
mir die Hand schütteln will, mich Sachen über Deutschland fragt oder mit mir
Fußball spielen will. Neulich musste ich schon Autogramme geben und manchmal
werde ich von meinen 14-jährigen Schülern angemacht!!
Im Großen und Ganzen bin ich also mit meinem Projekt vollauf
zufrieden, bin auf einen Punkt: Ich muss dienstags und mittwochs um 5:00 Uhr
aufstehen, weil die Schule um 6.15 Uhr anfängt und ich an den Tagen zur ersten
Unterricht hab.
Soweit also davon. In meinen nächsten Einträgen werde ich
außerdem die Personen von denen ich berichte mit ihren Funktionen, die sie für
mich haben benennen (Gastschwester, Direktorin, usw…) und nicht mit ihren
Namen, weil es mich bei vielen Blocks schon heftig genervt hat, dass die jeweiligen
Schreiber von Marco, Angelica, usw. reden und ich als Gelegenheitsleser keine
Ahnung habe wer diese Leute sind. Außerdem wird so die Privatsphäre von diesen
Leuten geschützt. Wir haben es hier also mit einer „Win-Win-Situation“ zu tun.
:D
Klingt ja echt sehr interessant dein Projekt! Ist zwar etwas anders als die Info "Kindergarten", aber umso besser ;)
AntwortenLöschenGute Zeit dir weiterhin!